Rolls-Royce Wraith: Eine angenehme Affäre in Köln

Was bedeutet Bespoke? Gespräch mit zwei Enthusiasten.

Zwei eher selten anzutreffende Produkte aus zwei völlig unterschiedlichen Manufakturen: handgefertigte Autos, Unikate aus dem Süden von London und handgefertigte Humidore, Unikate aus dem Süden von München. Auf den ersten Blick haben sie wenig gemeinsam.

Michael Gleissner, 43, GM Rolls-Royce Motor Cars Köln (links)
Er sollte Ingenieur werden und in eine Firma der Familie einsteigen. Stattdessen überwog die Leidenschaft zum Automobil. Mit 27 baute er als jüngste Führungskraft bei Auto Becker für die Marken Rolls-Royce, Bentley, Aston Martin und Lotus eine Dependance in Köln auf. Seit 1998 verantwortet er die Marke Rolls-Royce in Köln und veranstaltet u.A. Events auf Sylt, Mallorca und in St. Moritz.

Carsten Schroeter, 56, Inhaber Reposo Manufaktur (right)
Designer und Konstrukteur. Hauptberuflich Markencoach für Unternehmen. Seine Sammelleidenschaft für seltene Zigarren trieb ihn an, einen Langzeit-Humidor zu konstruieren. Er entwickelte in 20 Jahren eine einzigartige Humidor-Technologie und entwarf dazu eine ebenso ungewöhnliche Form. Carsten Schroeter fertigt in einer kleinen Manufaktur in Bayern Einzelstücke nach Kundenwünschen.

Doch, wir haben etwas sehr Wichtiges gemeinsam, entdecken beide spontan, eine Klientel, die das Ungewöhnliche sucht und sich leidenschaftlich damit auseinandersetzt.

Unser Kunde kommt mit Phantasien ins Autohaus, mit vielen Gedanken und Eindrücken, die er vielleicht auf einer Reise gesammelt hat. Meistens lasse ich ihn zuerst seine Phantasien auf den Tisch legen und versuche ein Muster zu erkennen. Im Gespräch finde ich heraus, welche Affinitäten er hat. Diese versuche ich dann stilvoll ins Fahrzeug einzuarbeiten. Oft bin ich Stilberater, obwohl unsere Kunden natürlich mit einem hohen Selbstbewusstsein ausgestattet sind.

Sie reden von Bespoke: Keine andere Marke als Rolls-Royce hat dieses Thema so überzeugend für sich besetzt. Was machen Sie denn so alles möglich?

Der Sternenhimmel ist da ein gutes Beispiel. Wir hatten für einen Kunden ein Fahrzeug individuell konfiguriert. Der Sternenhimmel gefiel ihm anfangs nicht. Ich schlug ihm vor sein eigenes Sternbild anzulegen. Das dauert natürlich etwas länger, weil eine Matrize genau nach den Vorgaben des Kunden angefertigt werden muss. Das ist Bespoke. Diese Idee hat ihn schliesslich begeistert. Britische Ästhetik zeigt sich im Woodshop und im Leathershop. Dafür ist Rolls-Royce berühmt. Die Handwerker sind Künstler, oft als lange Familientraditionen.

Bei unseren Humidoren geht es oft um die Wirkung als Skulptur, die zur Einrichtung des Hauses oder der Yacht passen muss. Es geht um ästhetische Details. In welcher Glasfarbe soll der Humidor in einem Weinkeller oder auf einer Hochseeyacht stehen? Soll das Familienwappen ins Glas eingraviert werden?

Vertrauen in mich als Berater ist die Basis. Ich kann hier das schönste Auto stehen haben, wenn der Kunde sich bei mir nicht wohl fühlt, kauft er nicht.

Ja, das ist so etwas wie ein Grundstein. Wir sind eine kleine Manufaktur und haben keine Showrooms wie Rolls-Royce, abgesehen von einzelnen Interior-Stützpunkten wie in Dubai, wo der Kunde einen Reposo anschauen kann, oder in einigen Ausstellungen. Unsere Kunden rufen an, konfigurieren mit uns zusammen ihr Objekt und erteilen dann den Auftrag. Damit verlassen sie sich darauf, dass wir genau den passenden Humidor für sie anfertigen. Sie setzen Vertrauen in uns.

Bei Rolls-Royce schaffen wir über die Jahre ein sehr persönliches Verhältnis. Es gibt Kunden, die rufen mich am Wochenende an und möchten irgendeine Auskunft haben, z.B. die Empfehlung eines guten Restaurants. Ich bin also zusätzlich noch Concierge.

Durch Vertrauen werden ja auch Lieferzeiten akzeptiert. Als Manufaktur können wir gar keine «individuellen» Humidore auf Lager haben. Der Kunde muss auf sein persönliches Exemplar warten, bis es von Hand gefertigt ist. Er vertraut also in die Marke. Wir sind uns bewusst, dass die eigene Marke etwas sehr Wertvolles darstellt. Sie ist ein Versprechen.

Und die Produkte müssen das Versprechen einlösen. Die Wertigkeit muss erfahrbar sein. Das erinnert mich an einen Kunden, der lange überlegte, warum er 400.000 Euro für einen Phantom ausgeben sollte. So viel Geld, meinte er, habe er noch nie für ein Fahrzeug ausgegeben. Wir haben uns dann in Goodwood gemeinsam die Fertigung angesehen. Danach meinte er, dass bei so vielen Händen, welche an einem Auto bauen, ein Phantom ja eigentlich viel teurer sein müsste.

Wenn bei uns jemand einen Reposo konfiguriert, geht es meist um spezielle Anforderungen, die ein Humidor erfüllen soll. Wie ist das bei Rolls-Royce?

Dieser Prozess gleicht für den Kunden oft einem Traum, den er geniesst. Manchmal ruft mich der Kunde an und bittet nochmals um ein Treffen, obwohl das Auto schon fertig besprochen ist. Oft geht es dabei nur noch um eine Naht oder eine andere Kleinigkeit. Daran merke ich, dass der Kunde den Traum auskostet und geniesst. Es geht um Emotionen. Wenn er dann schliesslich das Auto zum ersten Mal sieht, ist er oft völlig überwältigt.

Was ist Ihre Spezialität? Gibt es etwas, das nur Sie anbieten?

Meistens liegt die einmalige Note im Interieur. Letztlich ist es aber die programmierte Taste, auf der meine persönliche Handynummer hinterlegt ist. So kann mich der Kunde sofort erreichen.

Bei Reposo ist es neben dem ungewöhnlichen Design, das als Blickfang ohnehin schon wirkt, die Tatsache, dass der Kunde sich seine eigenen Jahrgangszigarren kreieren kann. Die Lebenszeit eines Reposo ist auf mehrere menschliche Generationen ausgelegt.

Wie lange kann man eine gute Zigarre überhaupt reifen lassen?

In unseren ersten Humidoren liegen noch einige alte Davidoff Château Mouton Rothschild aus Kuba. Die liegen da seit 1993, ohne dass sich jemand darum kümmern muss. Die langfristige Verlässlichkeit ist ein wichtiger Kaufgrund unserer Kunden. Reposo bedeutet schliesslich «Ruhe».

Der Ruhe sind sich unsere Kunden manchmal nicht so sicher. Einige befürchten anfangs den Neid von Passanten, wenn sie mit dem Rolls-Royce vorfahren. Aber nichts dergleichen passiert. Im Gegenteil, die Menschen freuen sich, wenn sie einen Rolls-Royce sehen. Ich setze mich oft mit dem Interessenten ins Auto und fahre ihn durch die Stadt – aber nicht in einem Phantom, sondern in einem BMW, welcher dem Phantom folgt. So kann er unbemerkt die Reaktionen der Passanten beobachten. Die sind positiv, wo auch immer wir auftauchen. Bisher haben wir nicht einen einzigen Vandalismus-Schaden gehabt.

Überraschend, aber schwer zu glauben.

Dann lassen Sie uns mit einem Phantom Drophead und einem Wraith einfach durch die Stadt fahren. Heute ist ein schöner Frühlingstag und viele Spaziergänger sind unterwegs. Sie werden überrascht sein...

«Rolls-Royce ist einfach Rolls-Royce. Immer schon gewesen. Da kommt nichts anderes heran. Die Verarbeitung ist immer noch Handarbeit, das merkt man.»

«Dieses Auto ist einmalig. Ich fahre immer Alfa Romeo. Auch schön, aber nicht so wie dieser Rolls-Royce. Der ist interessant, mein Gott, aber das kann ich mir nicht leisten. Der ist aber so schön. Sieht sehr toll aus. Schön.»

«Wunderschönes Auto. Das ist ein Traumauto, ganz ehrlich. Wenn man sich hineinsetzt, ist das ein ganz anderes Gefühl als in einem normalen Auto. Die Eleganz, man fühlt sich wie ein Ölscheich.»

«Rolls-Royce finde ich eine sehr schöne Marke. Sehr edel, sehr exklusiv. Für eine gewisse Gruppe, dafür aber auch sehr ansprechend.»

«Sieht unheimlich elegant aus von innen, edel und hat einen sehr schönen Sternenhimmel. Ich bin echt sprachlos. Ich habe noch nie so ein schönes Auto gesehen. Man merkt den Preis. Man merkt die Klasse. Echt schick.»

Jetzt haben wir noch eine weitere Übereinstimmung entdeckt. Die Marken begeistern Menschen jeden Alters. Weder ein Rolls-Royce noch eine gute Jahrgangszigarre ist nur etwas für ältere Geniesser.

No items found.
HOCHEDEL Print Magazin abonnieren